Bruch des Basecovers reparieren

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Version vom 5. Oktober 2012, 18:47 Uhr von Mornsgrans (Diskussion | Beiträge) (Thinkpad 390 ergänzt)

Nicht selten kommt es gerade bei den alten ThinkPad-Serien vor, dass das Basecover an den Scharnierbefestigungen ausgebrochen ist. Ursache sind schwergänige Scharniere, die sich nicht nachstellen lassen. Neben dem Bruch des Basecovers reißen nicht selten die Gewindeeinsätze im Deckel in den unteren Ecken ab.

Am Beispiel eines ThinkPad 720C und eines ThinkPad 390 wird hier exemplarisch vorgestellt, wie man den Schaden reparieren kann, weil es keine (gebrauchten) Ersatzteile mehr gibt.

Benötigte Materialien und Werkzeuge

Werkzeug

  • Dreikantfeile (ca. 5mm Kantenhöhe)
  • Schraubendreherset
  • Torx T5 Schraubendreher
  • Dremel mit versch. Schleif- und Trennaufsätzen
  • Schraubstock
  • mehrere Beschlageisen (zum Unterfüttern beim Einspannen im Schraubstock) - siehe Bild unten
  • kleine Metallsäge
  • Metallbohrer 3mm
  • 250g Hammer
  • dünner Edding permanent (zum Markieren der Bohrlöcher und Übertragen der Schablonenumrisse auf das Aluminiumblech)

Zu den Beschlageisen:

  • Zwei Stück sollte man immer verwenden, um das Alublech dazwischengeklemmt im Schraubstock einzuspannen, damit dessen rauhen Backen das Blech nicht perforieren.
  • War das Blech zurechtgebogen, konnte man es zur Weiterverarbeitung (Einschneiden des Scharnier-Spalts, Bohren der Schraubenöffnungen) nur einspannen, nachdem man mehrere dieser Eisen zu einem Block aufeinandergelegt zusammen mit dem bereits fertig gebogenem Alublech eingespannt hatte. Für die Arbeit werden etwa 7-8 Stück dieser Beschläge benötigt.



Werkstoffe

  • Aluminium Glattblech blank 250x500x0,8mm
  • Pattex Kraftmix (Power Mix) Extrem Schnell (2 x 12g) - 2 Komponentenkleber
  • Schmirgelpapier 150er Körnung (schwarz - ist haltbarer, als beige/gelb)
  • WD-40
  • Isopropanol
  • Küchentücher
  • ein paar Latexhandschuhe


Aluminium aus folgenden der optimale Werkstoff:

  1. Das Gehäuse der meisten alten ThinkPad-Serien besteht aus ABS-Kunststoff, welches - ist es einmal gerissen - sehr spröde ist. Reparatur mit GFK ist nach Studium verschiedener Foren kaum sinnvoll, da der GFK sich leicht vom ABS lösen lässt. Heißreparatur mit ABS-Reparaturstäben setzt entsprechende Werkzeuge für über €250.- voraus.
  2. Stahlblech ist schwerer zu bearbeiten, als Aluminium und kann leicht rosten.
  3. Aluminium ist gut formbar, bricht aber an Knickstellen leicht, wenn man nicht aufpasst. :Dennoch ist ein 0,8mm Blech stabil genug. 0,5mm Stärke ist zu schwach für die Torsionskräfte der Scharniere und stärkere Bleche sind neben der schwierigeren Formbarkeit stellenweise zu dick, um noch Platz für die Notebookbaugruppen zu bieten. Auch wären die Schrauben zur Befestigung der Scharniere bei dickerem Blech zu kurz.




Thinkpad 720C

Gebrochene Ecken am Basecover eines ThinkPad 720C

Es handelt sich um ein ThinkPad 720C dessen linkes Scharnier ausgebrochen und das rechte Scharnier so schwergängig war, dass sich der Deckel nicht mehr öffnen ließ.


Man kann den Deckel zu demontieren, ohne ihn aufzuklappen. Die Bauweise des 720C kommt einem hierbei entgegen: Die Scharnierabdeckungen lassen sich mit sanfter Gewalt zum Nachgeben überreden, dass die Haltehaken hierbei abbrachen, ist erst einmal egal. Auch die LED-Abdeckleiste lässt sich - diesmal ohne Bruch - einfach entfernen. Anschließend ist die Demontage des Deckels kein Problem mehr: Die Anschlüsse des Displays lagen alle unter der LED-Abdeckleiste, sodass ein Abmontieren des Deckels ohne Öffnen des Basecovers möglich ist. Auch die Standby-Batterie findet unter der LED-Leiste Platz.


Jetzt kommt der schwierige Part:

Zerlegen des kompletten Rechners.

  • Die erste Hürde bildet der Deckel selbst - alle vier Deckelschrauben, die das Displaybezel mit der Rückwand verbanden, sind Torx T5 Schrauben.
  • Die Gummistopfen im Scharnierbereich müssen mit einen Schraubendreher mit 1mm Klinge herausgepuhlt werden. Die Abdeckungen der oberen Schrauben des Displaybezels sind mit einer Nadel leicht zu lösen.
  • Displaybezel und Deckel sind nach entfernen der Schrauben leicht voneinander zu lösen, nachdem man am unteren Deckelrand beginnend die verclipsten Teile von einander trennt. - Nicht wundern!!! - Das LCD-Panel ist mit dem Displaybezel verschraubt. Es wird also die Rückwand abgenommen.
  • Jetzt kann man die Scharniere vom Deckel lösen.


Das Zerlegen des Basecovers gestaltet sich ungleich schwerer. Das HMM ist hier absolut keine Hilfe - also nach Trial and Error vorgehen:

  • Nach Ausbau von HDD (Akku muss ganz am Anfang ausgebaut werden) und Lösen der Schauben des Wannenbodens muss man im Akkuschacht ca 2cm von der Vorderseite entfernt die grauen Clips Richtung HDD-Schacht und Floppy-Laufwerk drücken, damit der Boden abgenommen werden kann.

Ab hier ist es einfach:

  • Alle Schrauben, die man sieht, herausdrehen und die Bauteile abnehmen.
  • Das Floppylaufwerk ist mit zwei Federstahlklammern an der linken Außenwand des Gehäuses verankert. Hier muss man mit Taschenlampe und Schraubendreher die Federklammern Richtung Floppylaufwerk drücken und es anschließend etwas anheben. Jetzt kann man das Floppy-Kabel vom Systemboard abziehen, wenn die Halteklammer an der Buchse gelockert wurde.

Angebrochene Teile der schadhaften Basecover-Ecken lösen und mit den abgefallenen Teilen aufheben - sie werden später benötigt.

  • Als erstes fertigt man aus Papier oder dünnem Karton eine Schablone an, die in die Gehäuseecke eingepasst wird.
  • Man wird feststellen, dass gegebenenfalls am Gehäuse einige Stellen abgeschliffen werden müssen (rote Pfeile), damit das Reparaturstück später passt und sich mit dem Gehäuse besser verkleben lässt.
  • Um den Hebelwirkungen bei Öffnen und Schließen des Deckels einigermaßen Widerstand bieten zu können, sollte das Reparaturstück oben mit dem Wannenboden verklemmt und unten am Haltezapfen des Gewindeeinsatzes verhakt werden. Außerdem wollte ich es mit der linken Außenwand verkleben und es mussten die abgesplitterten Teile später auf dem Reparaturblech angebracht werden.
  • Mit Hilfe der Papierschablone wird ein entsprechendes Stück aus einer 0,8mm Aluminiumplatte herausgeschnitten und mit Feile und Metallsäge bearbeitet, bis alles passt.
  • Latexhandschuhe anziehen, sie sind bei diesen und den folgenden Arbeiten obligatorisch.
  • Nach Anschleifen der künftigen Klebestellen in der Wanne wurde auch das Alublech mit 150er Schmirgelpapier aufgerauht und alles mit Isopropanol entfettet. Daran denken: An der Außenseite werden später noch die abgebrochenen Gehäuseteile aufgeklebt. Daher auch diese Stellen aufrauhen.
  • Ein letztes Einpassen mit Platine, PCMCIA-Schachtblende und Wannenboden
  • Die Nase am Wannenboden (oberer blauer Pfeil musste in die Lücke (unterer blauer Pfeil) passen, während die andere Nase (oberer roter Pfeil) von der Innenseite her gegen das Alu-Blech (unterer roter Pfeil) drücken musste, damit es sich nicht durch die Hebelwirkung des Displayscharnieres lösen kann)
  • Jetzt kann das Werkstück mit 2-Komponentenkleber verklebt werden.

Um die Scharniere noch leichtgängiger zu machen, hilft man mit dem Hammer nach:

  • Scharnier so in den Schraubstock einspannen, dass der zweite (bewegliche) Ring von unten auf den Schraubstockbacken aufliegt und zwischen den Schraubstockbacken noch etwas Spiel hat.
  • Einen 250g Hammer mehrere dutzend mal aus ca. 5-7cm Höhe auf den nach oben herausstehenden Zapfen fallen lassen. Die Schlagstärke sollte nicht stärker sein, damit nicht das oben befindliche Federstahl-Hütchen abspringt.
  • Anschließend mit WD-40 einsprühen und Scharnier mehrfach hin und her bewegen. Dieses mehrfach über ein paar Stunden verteilt wiederholen.

Danach die Leichtgängigkeit der Scharniere testen:

  • Hierzu beide Scharniere am Deckel befestigen, Deckel provisorisch zuschrauben, einen Scharnierfuß im Schraubstock festklemmen, den anderen Scharnierfuß festhalten und Deckel auf und zuklappen. Anschließend Deckel drehen und anderen Scharnierfuß einspannen.
  • Der Deckel sollte leichtgängig sein und nach Möglichkeit bei einer Neigung von 45° durch das Eigengewicht zuklappen. (Anderenfalls ist möglicherweise der Reibungswiderstand in den Scharnieren zu hoch, was zum Verwinden oder Abreißen des Reparaturbleches führen kann.

Vorsicht!
Der Deckel ist schwer (ca. 750 Gramm) - dementsprechend müssen die Scharniere und die Wannenecken viel aushalten.

  • Ist der Deckel noch zu schwergängig die "Hammerkur" wiederholen.
  • Zum Abschluss noch eine Ansicht des fast fertigen 720C

ThinkPad 390

Die Vorgehensweise beim ThinkPad 390 ist ähnlich, wie beim 720C. Besonderes Augenmerk ist beim 390 auf die Aussparung im Systemboard unmittelbar neben der DC-In - Buchse zu richten. Hier befindet sich die Halterung für die untere Scharnierbefestigungsschraube, die durch eine Öffnung im Wannenboden von der Unterseite her eingeschreht wird. Diese Halterung hat seitlich weniger als einen Millimeter Spiel, sodass das Systemboard sich nur schwer ein- und ausbauen lässt, nachdem das Reparaturblech eingepasst und verklebt wurde.

  • Nach Anfertigen der Schablone wird das Reparaurblech ausgeschnitten und geformt.
Hier die Reparaturbleche für die Aufnahme der Scharnierfüße.
  • Der Fuß des rechtern Scharniers musst im vorliegendem Fall an dessen unterseite etwa einen dreiviertel Millimeter abgefeilt werden, da das 0,8mm dicke Alublech auf der ursprünlichen Schanierhalterung (siehe Ellipse im ersten Bild) zu liegen kam und somit die Bohrung an der Wannenrückseite nicht gepasst hätte. Daher die Bohrungen in den Reparaturblechen immer erst am Schluss anbringen!
  • Die Bleche im Basecover einpassen und - sehr wichtig!!! - immer wieder das Systemboard testweise einbauen.
  • Nach dem Verkleben mit 2K-Kleber das Material erst 24 Std aus- und durchhärten lassen, danach die auf dem Wannenboden liegenden und verklebten Blechteile mit Isolierband abkleben und das Board wieder einbauen.
  • Am rechten Scharnier sieht man, dass zuviel Aluminium links oberhalb der DC-in-Buchse abgefräst wurde - ein Tribut an die Laienhafte Arbeit.
Man sieht aber auf dem gleichen Bild, dass die DC-in-Buchse etwas hoch sitzt. Dies ist eine Folge des Montagebleches. Das Board lässt sich nicht mehr wieder in seine alte Einbauposition bringen, weil die Lötstellen der Buchse nach unten aus dem Board ragen und auf dem Isolierband sitzen, welches auf das Reparaturblech abgeklebt wurde.
  • Vor Montage des Deckels müssen selbstverständlich die Scharniere wieder leichtgängig gemacht werden, sonst brechen die Ecken trotz des Alubleches wieder aus. - Siehe hierzu den Abschnitt über das ThinkPad 720C weiter oben.


Nun noch den Rechner zusammenbauen (zwischendurch Funktionsteste nicht vergessen), einschalten und freuen