Erste Hilfe bei Flüssigkeitsschäden
Wie verhält man sich richtig, nachdem man Flüssigkeit über die Tastatur geschüttet hat oder von der Seite her etwas in das Notebook gelangte?
Folgende Thinkpadmodelle besitzen die Ablauföffnung für Flüssigkeiten in der Tastaturwanne mit Ablauf durch das Gehäuse:
- A30 und neuer
- T40 und neuer
- R40 und neuer
- X40 und neuer
Die Ablauföffnung ist von oben i.d.R. durch eine Aussparung des Tastaturwannenrandes im Bereich der <Alt> und Leertaste (linker vorderer Rand), sowie von unten in Form einer oder mehrerer Bohrung(en) mit einem Tropfensymbol erkennbar (bitte nicht danach schauen, wenn die Tastatur "unter Wasser" steht!!)
Bei älteren Modellen wie A30 oder R40 befindet sich die Ablauföffnung am Rand des Akkuschachts in der Nähe des Entriegelungsschiebers. Der Akku weist in diesem Bereich eine kleine Aussparung auf. Beim X40 tritt die Flüssigekeit durch zwei rechteckige Öffnungen im Wannenboden sowie durch die Ritzen des RAM-Deckels aus.
Flüssigkeit auf der Tastatur
Es sollte jedem klar sein, dass "auf die Seite Kippen" des Notebooks, um die Flüssigkeit von der Tastatur ablaufen zu lassen, genau die falsche Maßnahme ist.
Die ersten Schritte sollten sein:
- sofort Notebook ausschalten
- Netzstecker ziehen
- warten, bis Flüssigkeit abgelaufen ist, ggf. mit Küchentüchern sanft nachhelfen, inden man es/sie mit der Kante zwischen die Tasten hält (nicht presst), ggf. Flüssigkeitsspritzer vom Display aufnehmen - Thinkpads vor T4*/R5*/X6* haben keine Ablauföffnung in der Tastaturwanne, hier muss alles vorsichtig mit Küchentüchern aufgenommen werden
- Akku ausbauen (hierzu das Notebook nicht kippen)
- entlang des Randes der Tastaturwanne - vor allem im Bereich der Ablauföffnungen an der Vorderkante - mit Küchentüchern möglichst viel Flüssigkeitsreste aufsaugen
- ein paar Küchentücher oder vergleichbar saugfähiges dünnes Material auf die Tastatur legen, entlang der Tastaturränder auch ein wenig unter die Tasten schieben
- Ultrabay-Laufwerk ausbauen
- Flüssigkeit gründlich aufnehmen und Rest weitgehend trocknen lassen
- Deckel vorsichtig schließen (hierbei ein bis zwei Küchentücher auf der Tastatur belassen, damit keine Restflüssigkeit beim nächsten Arbeitsschritt auf den Bildschirm laufen kann
- Notebook umdrehen, Schrauben für Tastatur und Handauflage entfernen
- Notebook wieder wenden, Display aufklappen, Tücher entfernen
- Tastatur und Handauflage ausbauen. Beim Ausbau der Tastatur müssen sich beim Anheben derselben die hinten ansammelnden Flüssigkeitsreste mit saugfähigem Tuch aufgenommen werden, damit sie nicht über die hintere Tastaturwannenkante auf das Board laufen.
- BIOS-Batterie abziehen
- Board freilegen und eventuell vorhandene Flüssigkeitsreste mit einem Küchentuch aufnehmen
- weiter mit "Weitere Maßnahmen"
Flüssigkeit von der Seite ins Notebook gelangt
Ist Flüssigkeit von der Seite in das Notebook gelaufen:
- sofort Notebook ausschalten
- Netzstecker ziehen
- Notebook bei geöffnetem Deckel sofort hochkant auf die Seite, von der aus die Flüssigkeit in das Notebook gelangt ist, stellen und Akku ausbauen
- Flüssigkeit ablaufen lassen, bis nichts mehr nachläuft (durch Umsetzen des Notebooks um ein paar cm. weiter prüfen) und währenddessen die Schrauben für Tastatur und ggf. Handauflage entfernen
- läuft nichts mehr nach, Notebook auf die Füße stellen und Board freilegen
- weiter mit "Weitere Maßnahmen"
Weitere Maßnahmen
- Rechner unter Zuhilfenahme des Hardware Maintenance Manuals komplett zerlegen.
- Sämtliche Komponenten gründlich unter Zuhilfenahme einer starken Lupe auf Flüssigkeitsspuren untersuchen - im Zweifelsfall die Komponente als "kontaminiert" einstufen.
- Die "kontaminierten" Komponenten von Aufklebern, Pads und Folien befreien
- "Kontaminierte" Komponenten mit destilliertem Wasser bzw. Wasser-Isopropanol-Gemisch gründlich abwaschen und anschließend in reinem Isopropanol baden. Ggf. mit einem Pinsel hartnäckige Verschmutzungen entfernen. Das Board auch hierbei fast senkrecht halten, damit die Reinigungslösungen auch zwischen Chips und Board die Verunreinigungen auswaschen können.
- Alle gereinigten Komponenten mindestens zwei bis drei Tage gut trocknen lassen. Eine Wärmequelle (Heizkörper) in der Nähe beschleunigt das Ganze. Auf keinen Fall die Teile zum Trocknen auf den Heizkörper legen!!! Tastaturen können gut und gerne fünf Tage brauchen, bis die Flüssigkeit zwischen den Folien unter den Tasten verdunstet ist.
Hinweise
- Das Notebook muss auch zerlegt werden, wenn auf der Boardoberseite keine Flüssigkeitsspuren erkennbar sind. Dennoch kann sich Flüssigkeit im Wannenboden angesammelt oder zumindest die Boardunterseite benetzt haben.
- Zur Reinigung sollten ausschließlich destilliertes Wasser und anschließend Isopropanol verwendet werden. Bei Verwendung von Isopropanol ist auf sehr gute Belüftung zu achten.
- Nach erfolgter Reinigung der Komponenten diese zwei bis drei Tage gründlich trocknen lassen. Wartet man nicht ausreichend lange, befinden sich noch Flüssigkeitsreste unter den Chips und BGA (Grafikchip, North-, Southbridge) und anderen großflächigen Bausteinen.
- Leitungswasser enthält Salze, die Wasser elektrisch leitfähig machen und außerdem die metallenen Oberflächen angreifen kann. Ethanol (Brennspiritus) enthält einen Gällstoff, der als heller Schmierfilm nach Verdunsten des Spiritus auf der Oberfläche übrigbleibt. Daher weder Leitungswasser noch Brennspiritus verwenden.
- Sollte das Notebook nach erfolgter Reinigung, Trocknung und Zusammenbau keine Lebenszeichen von sich geben, kann dies an der Tastatur (Powertaste) bzw. durchgebrannten Sicherungen auf dem Board liegen.
- Tastaturen können nicht in allen Fällen vollständig wiederbelebt werden. Hier hilft nur ein Austausch.
Links
- Diskussion mit Begründungen für o.a. Maßnahmen
- Hardware Maintenance Manual - Index
- Hier ein ausführlicher Thread aus dem Thinkpad-Forum, in dem beschrieben steht, wie ein X300 nach einer Cola-Dusche erfolgreich wiederbelebt wurde: HILFE! FEUCHTIGKEIT IM X300
- Ein weiterer Thread, in dem das Z61m dank strikten Einhaltens der Reinigungsmaßnahmen gerettet wurde: Z61m und Apfelschorle....